Sent: Tuesday, June 16, 2009 12:28 AM
Subject: Grippe Pandemiewarnstufe 6 ausgerufen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wie über die Medien bereits verbreitet und auch über die Kommunikation des Auswärtigen Amtes und aus anderen Quellen bekannt hat die WHO und für Deutschland das RKI (Robert Koch Institut) am 11.6.09 die Pandemiewarnstufe 6 ausgerufen.
Daher auch seitens des ÄD hier die relevanten Informationen zum Thema. Zufällig gab es am gleichen Tag ein Treffen mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen der medizinischen Dienste des AA, der GTZ und anderen Institutionen. Die Pandemie war ohnehin Thema und Erfahrungen aus Mexico wurden aus erster Hand berichtet und diskutiert. Dieses Schreiben ist auszugsweise der offiziellen Kommunikation des AA entnommen und vom ÄD ergänzt.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat am 11.06.2009 die Pandemiewarnstufe 6 ausgerufen. Die Definition für Phase 6 lautet:
„Phase 6, die pandemische Phase, ist gekennzeichnet durch Ausbrüche auf Gemeindeebene in wenigstens einem Land einer weiteren Region (…der WHO) zusätzlich der in Phase 5 bezeichneten Region. Die Ausrufung dieser Phase bringt zum Ausdruck, dass eine globale Pandemie unmittelbar bevorsteht.“
Die Stufe 6 bezieht sich nur auf die Ausbreitung des Virus. Mittlerweile - Stand 13. Juni sind ca. 30.000 Fälle, davon ca. 150 Todesfälle weltweit registriert. Hauptsächlich ist Nordamerika betroffen, aber auch aus Europa, Australien und Asien werden laufend neue Fälle berichtet. Eine weltweite Ausbreitung (Pandemie) ist damit gegeben und es handelt sich nicht mehr um eine Erkrankung, der Reise- oder Tropenmedizin, sondern um eine weltweit verbreitete Influenza (Grippe) mit einem neuen Erreger (H1N1). Es liegen im Wesentlichen milde Verlaufsformen vor. Die Zahl der Todesfälle ist gering. Die Virulenz des Virus ist bisher als gering einzuschätzen, d.h. die Erkrankung ähnelt einer “normalen”, saisonalen Grippe.
Noch ein paar Anmerkungen zur Nomenklatur: Es ist keine „ Schweinegrippe“, das würde postulieren, sie wird von Schweinen auf Menschen übertragen. H1N1 ist ein neues Virus und der Erreger der von Mensch zu Mensch übertragenen H1N1 Grippe Pandemie oder auch die Neue Grippe (Influenza A/H1N1). „Mexico Grippe“ würde nicht ausreichend berücksichtigen, dass die Hauptausbreitungsregion USA und Kanada sind. Daher wäre „Nordamerikagrippe“ korrekt. Zur Erinnerung: Die Vogelgrippe wird immer noch in wenigen Fällen von infizierten Vögeln auf Menschen übertragen. Der Erreger ist das Grippe Virus H5N1. Weltweit gibt es Anfang Juni 433 Fälle davon 262 Todesfälle.
Die WHO und die nationalen Gesundheitsbehörden werden aber die weitere Entwicklung sorgfältig verfolgen, da H1N1 wie alle Grippe Viren eine hohe Wandlungsfähigkeit besitzt und in der Zukunft in Verbindung mit anderen Viren durchaus zu wesentlich virulenteren Formen mutieren kann. Wir wissen nicht, was passiert, wenn die Pandemie mit der Saisonalen Grippewelle im Herbst zusammen verbreitet vorkommt.
Dennoch besteht weiterhin kein Grund zu Besorgnis. Besondere Maßnahmen wie Reise- und Einreisebeschränkungen und andere Eindämmungsmaßnahmen wie Absage von Massenveranstaltungen, werden z.Zt. ausdrücklich nicht empfohlen.
Die Erfahrungen, die gerade in Mexico durch die dort relativ konsequente Durchsetzung von solchen Eindämmungsmaßnahmen gesammelt werden konnten, sind für zukünftige Ausbrüche sehr lehrreich gewesen und waren eine „gute Übung“ für den Fall, bei dem es dann um die Ausbreitung eines “gefährlicheren” Influenza Pandemie Virus geht. Es hat sich gezeigt, dass eine der nationalen oder regionalen Situation angepasste Pandemievorsorge und Krisenpläne entwickelt und umgesetzt werden müssen. Globale Pläne bilden den Rahmen, könne aber nie die regionalen Besonderheiten ausreichend berücksichtigen. Konkrete Maßnahmen sollten jeweils vor Ort entwickelt und regelmäßig revidiert werden.
Der ÄD wird regelmäßig die aktuelle Entwicklung verfolgen, kommunizieren und zu ergreifende Maßnahmen abgestimmt mit den medizinischen Diensten der deutschen DO regional oder Länderbezogen empfehlen.
Als allgemein gültige sehr wirksame Empfehlung in einer akuten Grippe Epidemie z.B. in einem Land, die dann ausdrücklich empfohlen werden und gefördert werden sollten, sind hier beispielhaft aufgeführt. Diese und weitere konkrete Maßnahmen, müssen dann entsprechend den lokalen Rahmenbedingungen und Empfehlungen ergriffen werden.
- wer krank ist oder gar Fieber hat, bleibt zu Hause
- Hände waschen mit Seife
- Hände desinfizieren
- Händeschütteln vermeiden
- „in den Ärmel“ und nicht in die Hand Husten
- Belebte öffentliche Räume und Veranstaltungen meiden
(es ist anzumerken, dass diese Maßnahmen grundsätzlich die Verbreitung von übertragbaren Krankheiten mindern!)
Mehr Informationen dazu und eine Präsentation befindet sich hier:
http://www.pandemierisiko.info/Die flächendeckende vorsorgliche Versorgung mit Tamiflu (eine Medikament, welches als Neuraminidase Hemmer die Grippe Erkrankung verkürzen kann) wird weiterhin nicht grundsätzlich empfohlen. Die medizinischen Dienste stehen in Kontakt und werden diesbzgl. und darüber hinaus gemeinsam situationsgerechte Empfehlungen bzgl. Bevorratung herausgeben. Auch diese müssen mit nationalen Richtlinien abgestimmt werden. Erfahrung aus der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt, dass es z.B. bei Einfuhr des Medikamentes zu erheblichen (Zoll-) Problemen kommen kann. Ein vorbeugender Versand über den Kurierdienst der deutschen Botschaften ist nicht möglich.
Eine Impfung die vor der gefährlichen Pandemie Grippe schützt, kann es nicht geben, da wir nicht wissen, wie die Viren aussehen. Die „normale“ Grippe Impfung schützt nur vor der saisonalen Grippe im Herbst und der Impfstoff wird jedes Jahr neu produziert, um die Veränderungen der Viren zu berücksichtigen und die Wirksamkeit sicher zu stellen. Die Bildung des „gefährlichen“ Pandemie Virus - Neuformation durch Mutationen und Zusammenkommen von verschiedenen Virustypen - ist erschwert, je mehr Menschen weltweit gegen Grippe geimpft sind und dadurch aus Sicht der Viren weniger Gelegenheit zu dieser Neuformation vorhanden sind.
Zusammenfassung (basierend auf den aktuellen Empfehlungen von WHO und RKI):
- die Grippe Pandemie ist da – „ die erste Grippe Pandemie des 21. Jahrhundert“
- glücklicherweise ist sie weitaus weniger gefährlich als befürchtet
- aktuell müssen keinerlei besondere Maßnahmen ergriffen werden
- die weitere Entwicklung wird sorgfältig beobachtet
- lokale Pandemievorsorge und –maßnahmenpläne sollten bekannt sein und jeweils aktualisieren
- Tamiflu muß nicht in die Reiseapotheke der Ausreisenden
- Aktuell besteht kein Grund zur Besorgnis, aber das Risiko des Ausbruchs einer gefährlicheren Pandemie besteht weiter
In der Hoffnung, dass wir mit diesen Informationen Fragen beantworten, Sorgen nehmen und Unsicherheiten ausräumen konnten. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass das Thema Grippe Pandemie uns in Zukunft immer wieder beschäftigen wird und wir unsere Pandemie Pläne regelmäßig revidieren und aktualisieren müssen.